06 Volksschule, Freudenstädter Str. 24

Volkschule
Primary School
Fast 100 Jahre lang gab es eine katholische und eine jüdische Schule im gemeinsamen Schulhaus. Nachdem den Juden mit der bürgerlichen Gleichstellung das Recht auf staatlich finanzierte Schulen und beamtete Lehrer zugestanden wurde, gab es eine Kontroverse in Rexingen, wie diese neue Verordnung umzusetzen wäre. Die jüdische Gemeinde musste klagen, um ihr Recht zu erhalten. Im Gebäude waren bis dahin Rathaus und nur die katholische Schule untergebracht gewesen. Um den Konflikt zu lösen, bezahlte die jüdische Gemeinde den Bauplatz für ein neues Rathaus und erhielt dafür die Zusicherung, „für alle Zeiten“ auch eine jüdische Schule im Schulhaus betreiben zu können.

1933 war diese friedliche Koexistenz zu Ende. Die jüdische Schule musste als Privatschule, also auf Kosten der jüdischen Gemeinde, weitergeführt werden. Nach dem Novemberpogrom 1938 war auch der Zugang zum Schulhaus verwehrt. Der Unterricht fand bis 1942, als der letzte Lehrer Arnold Isenberg deportiert wurde, in Privaträumen statt.

Auf dem Gelände des heutigen Schulhofs stand damals das Haus von Max und Auguste Fröhlich. Ihr Sohn Julius gehörte zu den Initiatoren der Gruppenauswanderung 1938 nach Palästina und Gründern von Shavei Zion. Auguste Fröhlich, ihr zweiter Sohn Simon Fröhlich und dessen Frau Martha wurden deportiert. Drei Stolpersteine vor dem Schulhof erinnern an sie.

For nearly 100 years the Catholic and the Jewish schools used the same building.
With the recognition of full citizenship and equality before the law of Jews, authorities granted a publicly funded Jewish school and official teachers with the status of civil servants which led to a controversial debate in Rexingen about how this new regulation should be implemented. The Jewish community had to go to court to obtain their rights. Up to that time, the town hall and the Catholic school were accommodated in this building. In their efforts to solve the conflict, the Jewish community paid for the land for a new town hall. In return, they were assured that a Jewish school could be run in the school building forever. In 1933, the Jewish school was compulsorily transformed from public to private and financed by the Jewish community. After the destruction of the synagogue on November 9-10, 1938, the Jewish children were not allowed to enter the school building. Lessons were held in private homes until the last children were deported in December 1941.The former house of Max and Auguste Fröhlich was located on the grounds of the present schoolyard. Their son Julius belonged to the initiators of the group emigration to Palestine in 1938, and he was among the founders of Shavei Zion. His mother, his brother and his sister-in-law were deported. Three Stolpersteine (“stumbling-stones”) in front of the school yard serve as a memorial for the Fröhlich family.

1933 wurde die jüdische Schule zwangsweise von einer staatlichen Schule in eine Privatschule umgewandelt, die auf Kosten der jüdischen Gemeinde geführt wurde. Nach der Zerstörung der Synagoge am 9./10. November 1938 durften die jüdischen Kinder das Schulhaus nicht mehr betreten. Der Unterricht wurde in privaten Räumen weitergeführt, bis im Dezember 1941 die letzten Kinder deportiert wurden.

Am Platz des heutigen Schulhofs stand das Haus von Max und Auguste Fröhlich. Ihr Sohn Julius gehörte zu den Initiatoren der Gruppenauswanderung 1938 nach Palästina und Gründern von Shavei Zion. Seine Mutter, sein Bruder und seine Schwägerin wurden deportiert. Drei Stolpersteine vor dem Schulhof erinnern an sie.

Tamara Blum, 1921 als Dorothea Bodenheimer in Rexingen geboren, erinnerte sich 2004 an ihre Schulzeit in Rexingen:

„Im Jahr 1927 begann meine Schulzeit in der jüdischen Schule in Rexingen. Es gab in Rexingen nur ein Schulhaus, für die allgemeine wie auch für die jüdische Schule, die im Oberstock war und nur ein Klassenzimmer hatte. In diesem Zimmer saßen etwa 25 Kinder, von der ersten bis zur achten Klasse. Unser Lehrer, Herr Spatz, unterrichtete alle Fächer für alle Klassen und musste die Zeit entsprechend einteilen, so dass eigentlich die Mehrheit der Schüler immer mit schriftlicher Arbeit beschäftigt war. Manchmal ließ er die Schüler der achten Klasse mit den Jüngeren Lesen und Schreiben üben. Aber sonst hat er alles unterrichtet, auch Musik und Gesang. Dafür gab es ein Harmonium, das Prachtstück unserer Schule.

Unsere Schulbücher waren dieselben wie in allen Schulen, von der ersten Lesefibel an. Nur hatten wir zusätzlich Religionsunterricht, mit besonderen Büchern: hebräisch lesen und schreiben, Pentateuch und Gebete lesen und übersetzen, wie auch biblische Geschichte.An Sabbat- und Feiertagen hatten wir schulfrei und konnten mit unseren Eltern in die Synagoge gehen. Das waren doch die schönsten Tage. Natürlich musste bei acht Klassen in einem Zimmer Ruhe und Disziplin herrschen. Und wenn das mal nicht klappte, gab es schon manchmal „Tatzen“ mit dem Rohrstock oder auch „Hosenspannen“. Und manchmal wurde ich zu Frau Lehrer Spatz geschickt und habe ihr beim Backen geholfen. Die Familie wohnte im selben Stockwerk.
Besonders gern hatten wir Heimatkunde: Über das Neckartal, den Schwarzwald und die Schwäbische Alb. Es war eben unser „Heim“, und die Beziehungen zu der anderen Schule und den Kindern waren normal und harmonisch, wie auch unter den erwachsenen Juden und Christen im Dorf.“

Oben: Oberlehrer Samuel Spatz mit seinen Schuldkindern vor der Schulhaus

Mitte: Das letzte Foto der jüdischen Kinder in der Volksschule im Sommer 1938. Links im Bild der Lehrer Helmut Kahn, der 1939 über England in die USA flüchtete.

Unten:Haus der Familie Fröhlich auf dem heutigen Schulhof., ca. 1935. Vorne rechts stehen Max und Auguste Fröhlich, links daneben Julius Fröhlich mit seiner Frau Lisbeth.

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