01 Ehemalige Schlossanlage des Johanniterordens 13. Jhdt.


Ehemalige Johanniterkommende Rexingen

Rexingen – The Former Johanniter Community
Die von den Alemannen gegründete Siedlung wird  als „Raggesingun“ mit der Jahresangabe 1085 erstmals in der ersten Abschrift des Reichenbacher Schenkungsbuches (1099 –1106) erwähnt. Der Übergang des Ortes auf den Johanniterorden erfolgte in mehreren Schritten. Bereits 1275 ist ein erster Besitz (Fronhof und Patronat der Kirche)  der Johanniter urkundlich belegt. Der Orden kaufte dann 1289 das Recht zur Erhebung des „Zehnten“ vom Kloster Stein am Rhein und erwarb 1290 die Vogtei sowie die Gerichtsbarkeit von Dietrich Böcklin, Schultheiß zu Horb mit Zustimmung des Tübinger Pfalzgrafen Ludwig.
Im Jahr 1299 wurde das viergeschossige Ordenshaus mit hohem Giebel, das sogenannte Johanniterschloss erbaut, das als Sitz der Verwaltung diente. Darin befanden sich Amtsstuben, ein Archivraum, Wohn- und Schlafzimmer (18 Fremdenbetten) sowie unter dem Dach drei Speicherböden für das Getreide.
At this point the Johanniter community existed for more than 500 years. In the foreground the two-sided large Meiereihof including various buildings with stables, barns, Zehntscheuer (where people paid 10% tax) and flats. The so-called Johanniter castle to the right, above the wall.
In the Reichenbacher deed of donation of 1099, the Alemannic settlement was mentioned as “Rachesingen” for the first time. As of 1275 the Johanniter owned sovereign rights, jurisdiction, tax rights and the “Zehnten” (10% tax from the people). After the construction of the representative four-story Johanniter castle (“Komturei”) in 1299, the building accommodated the local Johanniter administration office (“Komture”). Additionally, a small Order Church was established later.
The power of the Johanniter ended in 1805 by a decree issued by Napoleon at the Pressburger Peace. Rexingen belonged to the newly founded Kingdom of Württemberg.

Hinzu kamen der Bau der Kirche mit Friedhof und später noch des Vogteihauses. Östlich des Schlosses wurden für die Bewirtschaftung der Rexinger Felder, Wiesen und Wälder ein über 45 m langes Meiereigebäude mit Wohnungen für den Verwalter und Gesindestuben sowie Stallungen und Lagerräumen erstellt. Daran schloss sich über Eck ein weiterer Ökonomietrakt mit der Zehntscheuer und weiteren Scheuern an.
Die Kommende wurde von einem Komtur (Verwalter) geleitet. Er musste die Kommende wirtschaftlich führen und hatte vorgegebene Abgaben an die Ordenszentrale abzuführen. Die Kommende Rexingen konnte beträchtliche Überschüsse erwirtschaften. Zur Kontrolle wurden regelmäßig Visitationen von beauftragten Ordensrittern durchgeführt. Seit Anfang des 14. Jh. wurden die Kommenden Rexingen und Hemmendorf in Personalunion geführt. Die jeweiligen Komture residierten meistens in Hemmendorf, die Verwaltungsarbeiten in Rexingen übernahmen Ordensgeistliche. Mitte des 16. Jh. richtete der Orden eine Armenstiftung für Hausarme, Kranke und Wöchnerinnen ein, die bis ins 19. Jh. fortbestand.

Mit der Auflösung des Johanniterordens durch eine Verfügung Napoleons beim Pressburger Frieden Ende 1805 wurde Rexingen dem neu gegründeten Königreich Württemberg zugeteilt und als „königliches Kammergut“ vom württembergischen Kameralamt verwaltet. Dieses veräußerte 1812 die Liegenschaften, außer dem Schloss und der Kirche, an die Gemeinde Rexingen. Ab 1822 verkaufte die Gemeinde den ehemaligen Gutsbesitz bis auf eine Scheuer meistbietend an die Rexinger Einwohner. Im Schloss befand sich das örtliche Pfarramt, die Kirche wurde von der katholischen Gemeinde Rexingens genutzt. 1862 wurde das, nach mehreren Explosionen in der nahegelegenen Pulvermühle, baufällig gewordene Schloss abgebrochen. Der Meiereihof und einige der Wirtschaftsgebäude wurden noch von einem Rexinger Landwirt bis in die 1960er Jahre genutzt, der gemeindeeigene Schuppen diente bis dahin als Farrenstall (gemeindliche Pflicht zur Haltung von Zuchtbullen). Das Landesdenkmalamt stimmte 1977 dem Abbruch der nun weitgehend leerstehenden Gebäude zu. An dieser Stelle wurde dann 1980 die heutige Mehrzweckhalle errichtet, die nach den über 500 Jahren hier regierenden Johannitern benannt wurde.

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