10 Schwarzwaldblick und Fledermäuse

Von der Bank am Waldrand blickt man direkt zum Schwarzwaldrand in Richtung Dornstetten, Freudenstadt und Loßburg. Im Vordergrund kann man die Windkraftanlagen bei Schopfloch und Oberiflingen erkennen. Die landwirtschaftliche Fläche direkt vor der Bank wird 3-seitig von Wald umschlossen, im Süden grenzt diese direkt an das Naturschutzgebiet „Dießener Tal und Seitentäler.“

Direkt hier am Waldausgang, wie auch an vielen anderen Stellen im Wald wurden im Zuge einer Untersuchung mehrere Quartierbäume für Fledermäuse gekennzeichnet. Fledermäuse nutzen vor allem an alten Bäumen natürlich auftretende Strukturen als Quartiere/Tagesverstecke, wo sie ihre Sommertage ruhend und häufig mit dem Kopf nach unten hängend verbringen. Geeignete Quartiere im Wald sind abstehende Rinde, Zwieselbildungen, Baumhöhlen oder Stammrisse. Besonders naturnahe Wälder wie das Waldgebiet „Großer Hau“ und die angrenzenden Wälder des Naturschutzgebietes, zeichnen sich durch einen besonderen Insektenreichtum aus. Fledermäuse gehen hier bevorzugt an Waldrändern, auf Forstwegen und an Gewässern auf die Jagd. In einer Jagdnacht fressen sie bis zu einem Drittel ihres Körpergewichtes an Insekten (auch forstliche Schadinsekten). Beim „Großen Mausohr“ können das etwa 20 Käfer in der Größe von Maikäfern sein. Im Großen Hau sind 11 Fledermausarten aktiv. Das sind u.a. die Wasser-, Fransen, und Bechsteinfledermaus, Mausohr, Abendsegler, Kleinabendsegler, Zwerg-, Rauhaut- und Breitflügelfledermaus, sowie die Artenpaare Bartfledermäuse und Langohrfledermäuse. So kommen hier ca. 50% aller in Baden-Württemberg lebenden Fledermausarten vor!

Beim Kultur- und Naturweg wandert man auch an den als Waldbiotop kartierten und vom NABU-Horb betreuten Fledermauskellern (Wegstation 6) vorbei, in denen das Große Mausohr unter konstanten klimatischen Bedingungen überwintert.

 

Eine wirkliche Besonderheit der Gegend ist die stärkste „Große-Mausohr“-Kolonie des Landkreises Freudenstadt und die viertgrößte in Baden-Württemberg. Im Dießener Kirchendach finden über 700 weibliche „Große Mausohren“ Raum um ihre Jungen dort in der „Wochenstube“ zur Welt zu bringen und groß zu ziehen. Kirchendächer sind ideale Quartiere für Fledermäuse. Dort ist dunkel und im Sommer vor allem warm. Im Sommer 2017 waren dort über 1.200 Tiere anzutreffen. Nachdem die Jungtiere sich selbst versorgen können, verlassen sie und ihre Mütter die Wochenstube um sich bis zum Kälteeinbruch ein Energiepolster für die Wintermonate, die sie in Höhlen und Kellern verbringen, anzufressen. Die Paarung findet ebenfalls noch vor dem Winter statt – die Befruchtung der Eizelle selbst wird jedoch erst im nächsten Jahr in der Wochenstube eingeleitet. So beginnt der Kreislauf wieder von vorn. Große Mausohren können in Ausnahmefällen bis zu 30 Jahre alt werden. Das Durchschnittslebensalter liegt bei etwa 15 Jahren. Viele der weiblichen Fledermäuse sind miteinander verwandt. Die genetische Vielfalt ist durch die Männchen von außerhalb gewährleistet. Diese Kolonie konnte nur durch die naturnahe Ausstattung des Lebensraumes „Dießener Tal und Seitentäler“ mit seinem Insektenreichtum entstehen und sich halten, denn Fledermäuse sind ausschließlich Insektenfresser. Alle Fledermäuse sind ausnahmslos vom Aussterben bedroht und in ihrem Bestand gefährdet.

Bilder unten: Große Mausohren im Dießener Kirchendach


Großes Mausohr im Dachstuhl der Dießener Kirchengiebelwand hängend

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